Verein Schmöckwitzer Wassersportler e.V.

Berichte und Bilder von Fahrten

Ostseesegeln erstmals auf einem „Joghurtbecher“

Unter diesem Motto stand für mich unser Segeltörn in der ersten Maiwoche 2009. Seit vielen, vielen Jahren segle ich auf der Ostsee mit dem Stagsegelschoner SS Qualle. Es ist ein wunderbarer Traditionssegler mit einem erfahrenen Skipper und Freund.

Nach dieser langen Zeit auf einem Traditionssegler reizte es mich, die Ostsee mal auf einer Yacht kennen zu lernen. Schließlich bewegt sich ein 60 Tonnen Schiff wie die Qualle anders als eine moderne Yacht mit 7-8 Tonnen und in jeder Position reffbaren Segeln. Nun bin ich eine Erfahrung reicher und ich weiß, dass mir die Qualle mehr Raum bietet, die Füße zu vertreten, zu kochen und die Langeweile zu überwinden. Es ist auch mein Freund Berni an Bord der Qualle, der das Segeln auf der Ostsee zu dem macht, was es für mich ist. Ich weiß, wo ich hingehöre….

Dennoch war es eine tolle Woche mit zwei Schulkameraden aus meiner Abiturklasse und deren Freunde. Insgesamt waren wir 6 Leute, vier Jungs (Dirk, Micha, Thorsten und ich) und zwei Mädels (Christina und Anja). Allerdings hatten nur Anja und ich wirklich Ahnung vom Segeln, doch die anderen vier waren zumindest begeisterte Mitsegler.

So trafen wir uns im Laufe des Samstagvormittags, den 02.05.2009, im Hafen von Breege. Auf dem Weg dorthin gingen wir den Speiseplan von Anja durch und ergänzten diesen um lebensnotwendige Leckereien und Schmackkazien. Die Einkaufsliste musste natürlich unbedingt angepasst und ebenfalls ergänzt werden. Statt schwerer Bierkästen gab es für die Männerwelt leckeren zugleich rückenschonenden Tee mit Rum und Honig. Ganz entsprechend der Jahreszeit.

Wir bunkerten unsere Klamotten und den Proviant und verließen bei herrlichster Spätnachmittagssonne Breege in Richtung Vitte (12 sm). Eine wunderbare Box war frei. Sie sah so aus, als sei sie wie für uns geschaffen. Erst hinterher wussten wir warum dort keiner festgemacht hatte. Denn unmittelbar vor der Box erlebten wir angesichts des weggelaufenen Wassers unsere erste Grundberührung. Hafenkino war angesagt.

Am nächsten Morgen liefen wir nach einem ergiebigen Frühstück aus. Ziel war mit etwa 37 sm Klintholm auf der dänischen Insel MØn. Die Windvorhersage der Woche sah gut für uns aus, sollte er aus westlichen Richtungen zwischen 3 und 5 Bft. wehen. Abends kamen wir glücklich in unserem Zielhafen an. Jedoch wehte der Wind nicht mit der versprochenen Stärke, so dass wir stellenweise die Maschine bemühten, wollten wir nicht im Dunkeln ankommen. Hinzu kam eine nur bescheidene Sicht von etwa 1,5 Seemeilen. Das bescherte uns eine erlebnisreiche Begegnung mit einem riesigen Frachter etwas außerhalb des Verkehrstrennungsgebietes.

Im Land der Olsenbande (Dänemark) war zu dieser Zeit ganz offensichtlich noch kein Sommer. Denn im Hafen selbst gab es für uns weder Strom noch Wasser und es stand auch nur eine Sanitäreinrichtung am anderen Ende des Hafens zur Verfügung. Und das obwohl sich hier jede Menge deutsche Charteryachten eingefunden hatten. Unser Trinkwasser füllten wir am nächsten Tag im Fischereihafen auf.

Bei wesentlich mehr Wind ging es mit gerefften Segeln weiter in Richtung Norden vorbei am Klint, dem Kreidefelsen von MØn nach RØdvig (25 sm). Dass ich schon einmal dort gewesen war, konnte ich meinem Gedächtnis entlocken. Jedoch hatte ich keine klare Vorstellung vom Anblick des Hafens. Als wir jedoch einliefen, kam die Erinnerung zurück und ich erkannte sofort die geliebte Hot Dog Bude. Unmittelbar nach dem Anlegen gab es dort für mich ein mellem Soft Ice mit Drys und für die anderen einen Risted Hot Dog. Das musste einfach sein. Trotz des noch ausstehenden Abendbrotes.

Unsere Überlegung für den nächsten Tag war, noch weiter nach Norden in Richtung Kopenhagen konkret nach Dragör zu gehen. Doch angesichts der Wettervorhersagen mit noch mehr zunehmenden Winden aus westlichen Richtungen entschlossen wir uns, bei etwa 12 m/s Wind wieder zurück nach Klintholm zu segeln. Das Wetter war grau in grau und eine Wolke schob die Nächste vor sich her. Und so machten wir uns erneut mit gerefftem Tuch auf den etwa 25 sm langen Weg nach Klintholm.

Am nächsten Morgen brauchte man nur dem Pfeifen der Wanten zu lauschen, wusste man, die Wetterprognose mit 8 – 9 Windstärken war doch tatsächlich eingetroffen. Und das für den ganzen Mittwoch. Die Ostsee setzte hinter der Mole ihre weißen Bäckersmützchen auf. Die Gischt schoss über die Hafenmole. Ein beeindruckender Anblick, diese gewaltigen Kräfte der Natur. Der Wind ließ die Bavaria auch ohne ihre Segel am Steg einfach kränken.

In Respekt zur See blieben wir mit unserer kleinen, kleinen Charteryacht einfach im sicheren Hafen und unternahmen den ein oder anderen Landgang. Erst zum Abend nahm der Wind unwesentlich ab, die Welle jedoch blieb.

Am Donnerstagmorgen ging es bei optimalem Segelwetter mit wunderbarem Wind zurück nach Tyske oder besser god old germany. Wir entschlossen uns, Barhöft anzusteuern und hatten somit einen langen Schlag mit etwa 37 sm vor uns. Auf See gestaltete sich der Horizont stets grau in grau, zeigte einige Regenabschnitte. Bei viel Sonne erreichten wir den kleinen Zoll- und Lotsenhafen in den frühen Nachmittagsstunden. Es war also ein schneller Ritt – ohne Komplikationen am Verkehrstrennungsgebiet.

Für den letzten Tag unserer Reise wollten wir Hiddensee nördlich umrunden und wieder in Breege einlaufen. Noch vor dem Auslaufen aus Barhöft jedoch besorgten wir uns unser Abendbrot bei den hiesigen Fischern und füllten zur Abgabe der Bavaria unseren Dieseltank. Kurz nach dem Auslaufen verfolgte uns auf dem trocken gefallenen Land von Hiddensee ein Reh, das zudem plötzlich ins Wasser sprang und versuchte, das schmale Fahrwasser zu queren. Eine komisch ungewohntes Bild. Auf der einen Seite vom Schiff die offenen See und zum Greifen nahe wird man auf der anderen vom Reh verfolgt. Am letzten Abend kommen wir angesichts des eingeschlafenen Windes nach knappen 29 sm erst spät in der Charterbase an. Anja bereitete ihren ersten Hornhecht zu und wir genossen es, die Testkaninchen zu sein. Bis auf die lästigen Greten war es ein äußerst leckeres Dinner.

Nun war es gekommen das Ende einer erlebnisreichen Segelwoche - auch ohne „Scheck weg Manöver“. Das Boot wurde in den Morgenstunden des 09.05.2009 abgetaucht und ohne Mängel abgenommen. Wir machten uns auf dem Heimweg. Jeder in seine Ecke Deutschlands, wo wir eine Woche zuvor gestartet waren.

Euer
Patrick
Berlin-Weißensee, 27.05.2009

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